Unterzeichnende Organisationen
der gemeinsamen Grundsätze des
Fairen Handels
Der Faire Handel strebt eine gerechtere Verteilung
der Einnahmen aus den weltweiten Handelsbezie-hungen
an. Indem ihren Produkten Marktzugang
unter fairen Bedingungen verschafft wird, sollen
die Arbeits- und Lebensbedingungen von Produ-zent/
innen und Arbeiter/innen in wirtschaftlich be-nachteiligten
Regionen insbesondere des Südens
verbessert werden.
Der Faire Handel fördert durch seine Tätigkeit eine
nachhaltige Entwicklung, das heisst insbesondere,
dass er eine soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche
Entwicklung, den Schutz der Umwelt und den Erhalt
der kulturellen Vielfalt anstrebt und möglichst auch
den Handel in und zwischen den Ländern des
Südens stärkt.
Die im Fairen Handel angestrebten Sozialstandards
und Umweltnormen stehen in Übereinstimmung
mit den nationalen Gesetzen und den Konventio-nen
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)*
und gehen, wo immer möglich, über deren Vorga-ben
hinaus.
Der Faire Handel lebt von der Mitwirkung und Mit-verantwortung
aller Beteiligten in der Handels-kette.
Um dieses Bewusstsein zu vertiefen, wird
eine kontinuierliche Informationstätigkeit gepflegt.
Auch die Sensibilisierung der Konsument/innen für
die gerechtere Verteilung der Güter dieser Welt ist
integraler Bestandteil des Fairen Handels. Die
Glaubwürdigkeit des Fairen Handels wird durch
unabhängige Kontrollen gewährleistet.
* ILO-Konventionen:
Forced Labour Convention ( Nr. 29)
Freedom of association (87)
Right to organize and collective bargaining (98)
Equal remuneration Convention (100)
Abolition of forced labour Convention (105)
Discrimination Convention (111)
Minimum age Convention (138)
Occupational Savety and Health ( 155)
Home work (177)
Ziele des Fairen Handels
Arbeitsgemeinschaft Swissaid/Fastenopfer/Brot für alle/
Helvetas/Caritas, Arbeitskreis Tourismus und
Entwicklung, Association romande des Magasins du
Monde, Associazone Botthege del Mondo, Brot für alle,
Caritas, claro AG, Fondation le Balafon, gebana AG,
HEKS-EPER, Oikocredit deutsche Schweiz, TerrEspoir,
Genève Tiers-Monde, Schweizer Arbeiterhilfswerk, STEP,
Swissaid, WWF Panda SA
Die Bezeichnung «Fairer Handel» ist weder geschützt
noch gesetzlich geregelt. Im Laufe der letzten 25 Jahre
haben verschiedene Organisationen bzw. Dachverbände
auf nationaler und internationaler Ebene Kriterien ent-wickelt,
die den Fairen Handel kennzeichnen. Das
Schweizer Forum Fairer Handel (SFFH) hat diese ver-schiedenen
Kriterien als Basis genommen, um die nach-folgenden
gemeinsamen Grundsätze daraus abzuleiten.
Sie sind im Sinne einer Bestandesaufnahme des Ist-Zustandes
zu verstehen und mit den Fairtrade-Kriterien
der EU zu vereinbaren.
Diese gemeinsamen Grundsätze wurden an der Plenar-versammlung
vom 19. Januar 2001 einstimmig verab-schiedet.
Für die unterzeichnenden Organisationen sind
sie der kleinste gemeinsame Nenner, nach dem sie
Fairen Handel betreiben, aktiv fördern und/oder unter-stützen.
Die gemeinsamen Grundsätze haben keine (ein-schränkende)
Auswirkung auf die weitergehenden Kri-terien,
die einige Organisationen zusätzlich anwenden.
Da der Faire Handel nur eine Form des ethischen Wirt-schaftens
ist und andere Initiativen ähnlicher Zielsetzung
existieren, bedarf es einer Diskussion über Unterschiede,
Gemeinsamkeiten, Zusammengehen und Perspektiven.
Die Debatte wurde im Plenum SFFH geführt.
Diese Grundsätze sind nicht abschliessend formuliert, sondern
entsprechen dem heutigen Stand. Im Sinne einer prozesshaften
Entwicklung sollen diese Grundsätze laufend aktualisiert und
den Veränderungen in der Praxis angepasst werden.
Erläuterungen zu den Grundsätzen
Schweizer Forum Fairer Handel
c/o Brot für alle, Monbijoustrasse 29, CH-3001 Bern
T 031 380 65 65 Fax 031 380 65 64
Grundsätze des Fairen Handels
Schweizer Forum Fairer Handel SFFH
Beteiligte des Fairen Handels
Die im Fairen Handel beteiligten Partner/innen
sind:
Produzent/innen (Bäuerinnen/Bauern, Landarbei-ter/
innen, Handwerker/innen, Fabrikarbeiter/innen
bzw. deren Zusammenschlüsse, Plantagenbesitzer
und Exportorganisationen in wirtschaftlich benach-teiligten
Regionen insbesondere des Südens, Er-bringer
von Dienstleistungen)
Importunternehmen und unterstützende Organisa-tionen
(Einfuhr- und Vermarktungsunternehmen
bzw. deren schweizerische und europaweiten Zu-sammenschlüsse,
Labelorganisationen, NGO, die
sich politisch für die Förderung des Fairen Handels
einsetzen und teilweise auch selber eine Handels-tätigkeit
pflegen)
Detailhandel (auf Fairen Handel spezialisierte
Verkaufsstellen, Grossverteiler, Biofachgeschäfte,
Quartierläden usw.)
Konsument/innen.
Der Faire Handel ist nicht allein eine Frage des Preises;
im Zentrum steht die Verbesserung der Arbeits- und
Lebenssituation der Menschen in wirtschaftlich benach-teiligten
Regionen insbesondere des Südens. Die
Einhaltung der gesamten Fairhandels-Grundsätze ist Vor-aussetzung,
dies zu erreichen. Je nach Branche wird
der Faire Handel durch weitere Instrumente (Verhaltens-kodices,
standardisierte Normen usw.) des ethischen
Wirtschaftens ergänzt. Das Verhältnis des Fairen Handels
zu diesen Instrumenten wird prozesshaft ausdifferenziert
und konkretisiert.
Atelier Müller Lütolf, Bern
Produkte
Die Produkte des Fairen Handels sind möglichst
sozial und umweltverträglich hergestellt.
Die Qualität der Produkte entspricht den Bedürf-nissen
der Märkte in den Abnehmerländern; die
Ausrichtung auf diese Standards vermittelt den
Produzent/innen das für ihre Entwicklung notwen-dige
Markt- und Handelswissen.
Bei den Landwirtschaftsprodukten werden solche
aus biologischem Landbau bevorzugt, da der Bio-landbau
der nachhaltigen Landwirtschaft am nächs-ten
kommt. Gentechnisch veränderte Produkte
werden nicht gehandelt.
Angestrebt wird schrittweise die Umstellung auf ökologische
Produktionsverfahren, Anbauweise, Produktions- und Ver-arbeitungsprozesse
nach den Richtlinien anerkannter
Zertifizierungs- und Umweltorganisationen. Arbeitsbedingungen Lohnabhängiger
An Unternehmen mit Lohnabhängigen (Fabriken,
Plantagen, verarbeitende Betriebe usw.) werden
soziale und gesundheitliche Mindestanforderungen
gestellt in Übereinstimmung mit den nationalen
Gesetzen und ILO-Konventionen*: Organisations-freiheit,
Recht auf Kollektivverhandlungen, Lohn-gleichheit,
Verbot der Zwangsarbeit und der miss-bräuchlichen
Kinderarbeit.
Die Unternehmen müssen den Lohnabhängigen
existenzsichernde Löhne bezahlen; es dürfen keine
überlangen Arbeitszeiten geleistet werden, und die
Arbeitsplätze sollen angemessen und sicher einge-richtet
sein (z.B. Schutzkleidung, Schutz vor ge-sundheitsschädigenden
Einflüssen, Lichtverhält-nisse,
Lüftung usw.).
Damit soll ein Beitrag geleistet werden, auf betrieblicher
Ebene die Diskriminierung aus rassischen, ethnischen, ge-schlechtlichen
und religiösen Gründen zu vermeiden und
die Stellung der Beschäftigten zu stärken; der Faire Handel
kann so eine Vorbildfunktion haben.
Kontrolle und Information
Im Fairen Handel wird die Einhaltung der Krite-rien
entlang der Handelskette regelmässig über-prüft.
Dazu werden interne und/oder externe
unabhängige Kontrollen durchgeführt, möglichst
in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen der Be-schäftigten,
mit NGO und/oder Gewerkschaften.
Im Fairen Handel wird eine offene Informations-politik
gepflegt, die über Produzent/innen, Vor-lieferanten,
Herkunft der Produkte, Produktion,
Management, Finanzen und die Ergebnisse aus
den Kontrollen gegenüber Produzent/innen und
Konsument/innen Auskunft gibt.
Kontinuierliche Informations- und Bildungsarbeit
ist wichtiger Bestandteil zur Unterstützung des
Fairen Handels und zur Vertiefung der Konsum-verantwortung.
Die regelmässigen Kontrollen gewährleisten die Glaub-würdigkeit
des Fairen Handels. Sie haben auch die
Funktion eines Monitorings, das (vor allem auch klein-ste)
Produzent/innen in ihren Bemühungen unterstützt,
den Handelsanforderungen zu genügen, kompetenter
und professioneller zu werden. Für Lohnabhängige
haben die Kontrollen auch die Funktion, ihre Stellung
als Arbeiter/innen zu verbessern.
Grundsätze des Fairen Handels
Preise
Den Produzent/innen wird durch kostendeckende
Preise eine wirtschaftliche Existenz gesichert.
Der Entscheid über die Verwendung eines
Mehrerlöses durch faire Preise, Prämien oder Auf-zahlungen
ist Sache der Arbeiter/innen bzw.
Produzent/innen.
Auf Anfrage werden den Produzent/innen anteilige
Vorfinanzierung der Produktion oder günstige
Kredite gewährt.
Die Preispolitik gegenüber Produzent/innen ist
transparent.
Die faire Preisgestaltung trägt dazu bei, dass die Produzent/
innen ihre Existenz sichern und ein Leben in Würde führen
können.
Dieses Papier wurde verabschiedet von der Plenarversammlung des
Schweizer Forums Fairer Handel am 19. Januar 2001
Handelsbeziehungen
Im Fairen Handel werden langfristige, stabile
und partnerschaftliche Handelsbeziehungen
zwischen Importeuren und Produzent/innen
gepflegt.
Die Importeure stehen im direkten Kontakt mit
den Produzent/innen bzw. ihren Vereinigungen
und beziehen die Produkte möglichst direkt bei
ihnen bzw. ihren Exportorganisationen.
Die Produktion für den Fairen Handel soll die
Subsistenzproduktion (Selbstversorgung) nicht
gefährden.
Die langfristige, fair gestaltete Handelstätigkeit kann
einen Beitrag zur eigenständigen Entwicklung der ein-heimischen
Bevölkerung leisten.
6. květen 2008
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