Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren, lebte von 1919 bis 1935 in Salzburg, emigrierte danach nach England und 1940 nach Brasilien.
Er schrieb epische Werke, Gedichte, Dramen, Novellen und war bekannt für seine histori-schen Miniaturen, als Biograph und Essayist. Seine Schilderungen i einem sinnlich, farbi-gem Stil schilderten Gefühlsverwirrung, untergründige Leidenschaft bei großen Persön-lichkeiten und dem schöpferischen Prozess.
Am 22. Februar 1942 schied Stefan Zweig in Petropolis (in der Nähe von Rio de Janeiro) freiwillig aus dem Leben.
Die Schachnovelle ist eine von den besten Werken des Autors. Das Thema der Novelle ist die Darstellung zweier sehr unterschiedlicher Genies.Doch man sieht, dass die einseitige Beschäftigung in einem Bereich nicht ein Vorteil ist.
Auf dem großen Passagierdampfer, der von New York nach Argentinien fährt, rei-sen neben dem Ich-Erzähler, einem Journalisten aus Wien, auch einige Prominen-te, z.B. Mirko Czentovic, der gerade 21-jährige Schachweltmeister. Von seinem Freund erfährt der Erzähler mehr über diesen Menschen:
Er ist der Sohn eines armen und früh gestorbenen südslawischen Donauschiffers, wuchs beim Dorfpfarrer auf, lernte aber nichts, weil er unendlich stumpfsinnig war, zeigte er jedoch eines Tages sein einseitiges Schach-Talent, was ihn aus dem Dorf heraus in die große weite Welt führte. Nun ist er ein anmaßender und raffiger Mensch, dessen Horizont über 64 schwarz-weiße Felder nicht hinausreicht.
In den ersten Tage der insgesamt 12-tägigen Reise versucht der Erzähler vergeb-lich, in die Nähe des Meisters zu gelangen. Dieser zieht sich zurück in seine Kabi-ne und studiert Schachpartien. Als nächstes versucht ihn der Erzähler dadurch anzulocken, indem er im Smoking-Room Schach spielt, und zwar mit einem kämp-ferischen, aber unbegabten Amerikaner, McConnor. Der Meister wirft zwar einmal einen Blick auf das Brett, zieht dann aber schlaff ab. McConnor jedoch, als er er-fährt, wer dieser Mann ist, setzt seinen ganzen Ehrgeiz darin, gegen Czentovic zu spielen und ist sogar bereit, pro Spiel $ 250 zu bezahlen.
Am folgenden Nachmittag kommt es dann zur Partie Czentovic gegen alle ande-ren und sie endet mit einer jämmerlichen Niederlage. Durch die Niederlage eben-so wie die freundliche Haltung des Meisters gereizt, fordert McConnor Revanche und die zweite Partie beginnt. Gerade als er dem Meister in eine Falle lockt, schließt sich ein blasser Herr von etwa 45 Jahren an und übernimmt das Spiel. Mit seiner Hilfe erreichen sie ein Remis, und der Meister beginnt sich für das Gesche-hen zu interessieren. Der blasse Mensch aber ist zu keiner weiteren Partie bereit, er hat seit 25 Jahren vor keinem Schachbrett mehr gesessen, und verschwindet in sein Zimmer. Der Ich-Erzähler muss im Auftrag den Herrn ausfinden und ein wei-teres Schach-Spiel, natürlich finanziert von McConnor, anbieten.
Dieser Herr stellt sich als Dr. B. vor, ein Landsmann des Erzählers, der von einer angesehenen Familie abstammt. Dieser Dr. B. ist nun wirklich an der Fortsetzung des Wettkampfes interessiert, gleichzeitig aber benutzt er diese Gelegenheit, um zu berichten, wie er dazu kam, im Schachspiel so abnorm erfahren zu sein, ohne praktizierender Spieler zu sein:
Mit seinem Vater zusammen führte er in Wien eine Anwaltskanzlei, deren Haupt-aufgabe darin bestand, die Schätze und Güter der Kirche und der Kaiserfamilie zu verwalten. Gleich bei der Machtübernahme der Nazis in Österreich (März 1938) wird er von der Gestapo verhaftet und als „Prominenter“ im Hotel Metropole in iso-lierte Haft gebracht. Nach vier Monaten der absoluten Isolation und der ständigen Verhöre (27. Juli) ist er dem Geständnis nahe, da aber entdeckt er - wieder einmal in einem Vorzimmer auf das Verhör wartend -in der Tasche eines aufgehängten Mantels die Umrisse eines BUCHES. Er nimmt es heimlich mit, aber zu seiner großen Enttäuschung ist es ein Schachbuch, indem 150 Meisterpartien dokumen-tiert sind. Dennoch, er beschäftigt sich damit, formt sich aus Brotresten Figuren, stellt sich die karierte Bettdecke zu einem Schachfeld her und beginnt die Partien nachzuspielen, bis er sie auswendig kennt und spielen kann Das waren drei glück-liche Monate. Dann aber beginnt er, mit sich selbst zu spielen und geriet in eine Situation: "Schachvergiftung".
Er wird verrückt, streitet mit sich, kann nicht mehr abschalten, vergisst zu essen, wird von ständigem Durst gequält (Schachfieber), greift schließlich seinen Wärter an und wacht in einem Lazarett wieder auf. Dort erholt er sich langsam, sein Arzt erwirkt seine Entlassung unter der Bedingung, dass er das Land innerhalb von 14 Tagen verlässt. Ein Jahr war er in Isolationshaft, jetzt fährt er nach Argentinien.
Dr. B. findet die Schach-Partie als Schlussstrich unter eine alte unerledigte Rech-nung. Diese findet am nächsten Nachmittag statt und tatsächlich zwingt er den Weltmeister zur Aufgabe. Seine Haltung zeigt jedoch jene Symptome kommender Schachvergiftung. Vor allem die langen Bedenkzeiten seines Gegners machen ihn so nervös, dass er während der Revanche-Partie wieder anfängt, in seinem Kopf weitere Spiele durchzuspielen, die er dann mit dem gerade laufenden Spiel zusammenwirft. Der Erzähler bewirkt daraufhin den Abbruch der Partie, Dr. B. gewinnt schnell seine Fassung wieder, entschuldigt und verabschiedet sich, während der Schachmeister ihm großmütig eine für Dilettanten ungewöhnliche Begabung zugibt.
24. duben 2008
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